AKTUELLES

Mandanten Newsletter 12/2022

10.11.2022

Wichtige Änderungen für Grundstückseigentümer ab 2023

Das im Entwurf vorliegende sog. Jahressteuergesetz 2022 bietet für Immobilienbesitzer Neu-Entwicklungen, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.

1. (Höher-)Bewertung von Grundstücken für Schenkungsteuer- / Erbschaftsteuerzwecke


Das Bewertungsgesetz soll an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14.07.2021 angepasst werden. Die Änderungen betreffen insbesondere das Ertrags- und das Sachwertverfahren (aber auch die Verfahren zur Bewertung von Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Grundstücken auf fremden Grund und Boden).

Im Einzelnen ist folgendes geplant (nur Überblick):

Grundstücksbewertung im Ertragswertverfahren:

  • Die pauschalen Gesamtnutzungsdauern von Gebäuden lt. Anlage 22 zum Bewertungsgesetz werden um durchschnittlich 10 Jahre verlängert (z. B. erhöht sich die Restnutzungsdauer von Einfamilienhäusern / Zweifamilienhäusern sowie Mietwohngrundstücken von derzeit 70 Jahre auf 80 Jahre). Damit verlängert sich korrespondierend die Mindestrestnutzungsdauer von mind. 30 % der Gesamtnutzungsdauer. Die Verlängerung dürfte tendenziell zu höheren Immobilienwerten führen.
  • Bewirtschaftungskosten in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer senken den Gebäudeertragswert. Die bisherigen prozentualen Bewirtschaftungskosten (lt. Gutachterausschuss oder gem. § 188 Abs. 2 BewG in der aktuellen Fassung) werden künftig durch feste Beträge für Verwaltungs- und Instandhaltungskosten ersetzt (Änderung § 188 Abs. 2 BewG sowie der Anlage 23 zum Bewertungsgesetz).
  • Des Weiteren werden die gesetzlichen (pauschalen) Liegenschaftszinssätze gesenkt (z. B. für Mietwohngrundstücke: von aktuell 5 % auf demnächst 3,5 %), was gleichfalls eine höhere Bewertung zur Folge haben wird. Wie bisher gilt jedoch: hat der Gutachterausschuss, für die zu bewertende Immobilie anwendbare Liegenschaftszinssätze ermittelt, haben diese Vorrang vor dem pauschalen Zins.

Grundstücksbewertung im Sachwertverfahren:

  • Ab 2023 wird der Gebäudesachwert über Regionalfaktoren angepasst. Regionen mit hohen Baukosten (z. B. Hamburg Regionalfaktor 1,75) erfahren dadurch einen deutlich höheren Sachwert.
  • Sofern vom Gutachterausschuss kein geeigneter Sachwertfaktor zur Verfügung gestellt wird, sind die in der Anlage 25 zum BewG festgelegten Wertzahlen zu verwenden. Letztere werden nun an die aktuelle Marktlage – also nach oben – angepasst.

Die Kombination der vorgenannten Änderungen können z. T. erhebliche Wertsteigerungen zur Folge haben. Simulationen sprechen von einer Anhebung der sog. Bedarfswerte für Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerzwecke von im Einzelfall 30 % bis zu – im Extremfall - 50 % über den aktuellen Bedarfswerten.

Beachten Sie bitte:

Die Änderungen sind auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 anzuwenden. Wer ohne-hin konkret eine schenkweise Übertragung von Grundstücken vorhat, sollte schnell darüber nachdenken, ob er dieses Vorhaben nicht bereits im Jahr 2022 umsetzt. Sprechen Sie uns an! 

2. Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer durch Einholung eines Gutachtens für Zwecke der Einkommensteuer


Bei privat erworbenen Immobilien unterstellt der Gesetzgeber eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren bzw. bei Gebäuden mit Baujahr 1924 oder früher von 40 Jahren. Dies führt zu einer jährlichen „standardisierten“ Abschreibung von 2 % respektive von 2,5 %.

Das Gesetz sieht allerdings (bisher) in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG grundsätzlich die Möglichkeit vor, einen höheren AfA-Satz steuermindernd zu berücksichtigen, wenn das Objekt eine kürzere Nutzungsdauer als 50 Jahre respektive 40 Jahre hat. Um eine für den Steuerzahler vorteilhaftere kürzere Nutzungsdauer nachweisen zu können, hat die Finanzverwaltung bisher die Erfüllung sehr strenger Kriterien vorausgesetzt und die Vorlage von i. d. R. kostenintensiven Bausubstanzgutachten verlangt, die im Übrigen häufig im Nachgang noch zu z. T. langandauernden Diskussionen mit der Finanzverwaltung geführt haben. Dies hatte zur Folge, dass der Versuch des Nachweises einer kürzeren Restnutzungsdauer in der Regel wenig zielführend war und die Vorschrift somit in der Praxis kaum zur Anwendung gelangt ist.

Der Bundesfinanzhof hat jedoch kürzlich entschieden, dass eine kürzere Nutzungsdauer und damit auch eine höhere jährliche Abschreibung auch auf Grundlage einer „anderen Nachweismethode“ (z. B. durch ein vereinfachtes und kostengünstiges Restnutzungsdauergutachten) ermittelt werden kann. Faktisch kann somit – ohne großen finanziellen Aufwand auszulösen – eine einzelfallbezogene geringere Restnutzungsdauer nachgewiesen werden, mit der Folge einer höheren jährlichen steuermindernden Gebäudeabschreibung. Dies dürfte sich tendenziell insbesondere bei älteren, erst kürzlich erworbenen Gebäuden, signifikant auswirken.

Entsprechend den uns vorliegenden Informationen beabsichtigt der Gesetzgeber, diese Gestaltungsmöglichkeit durch das Jahressteuergesetz 2022 ab dem kommenden Jahr abzuschaffen. Für Gutachten, die noch in diesem Jahr eingeholt (unserem Vernehmen nach sollte eine Beauftragung ausreichend sein; wichtig ist, dass der Bewertungsstichtag noch im Jahr 2022 liegt) und bei der Steuererklärung für das Jahr 2022 berücksichtigt werden, soll jedoch – Stand heute! - Bestandsschutz bestehen. Sofern Sie mit dem Gedanken spielen, ein entsprechendes Gutachten einzuholen, ist somit „Eile geboten“ und ein Gutachter sollte nunmehr zeitig beauftragt werden.

An dieser Stelle erlauben wir uns den Hinweis, dass durch die Einholung eines Gutachtens gute Argumente für eine kürzere Restnutzungsdauer und damit einhergehend für eine höhere jährliche Abschreibung vorgebracht werden. Eine Garantie, dass die Vorlage des Gutachtens durch die Finanzverwaltung unzweifelhaft anerkannt wird, können wir jedoch nicht geben.

Bitte beachten Sie, dass die vorstehenden Ausführungen, Hinweise und Empfehlungen auf dem veröffentlichten Diskussionsstand des geplanten Gesetzesvorhabens (Stand 10.11.2022) beruhen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich insbesondere hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung als auch in Bezug auf die zeitliche Anwendung noch Änderungen ergeben werden.

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